Sonntag, 23. Oktober 2011

Schwer nachvollziehbar: Selectas Ausstieg

Selecta wird sich aus dem Brettspielmarkt zurückziehen. Anfang 2012 wird das Holzspielzeug-Unternehmen aus dem bayerischen Edling seine letzten Kinderspiele herausgeben. Diese Meldung beherrscht die Gespräche der Kinderspiel-Interessierten auf der Essener Spiel ’11. Dabei ist Selecta schon seit zwei Jahren nicht mehr mit einem Stand in Essen vertreten, sondern präsentierte sich ausgewählten Journalisten in einem Hotel neben dem Messegelände. Diese Entscheidung war damals von vielen Seiten kritisiert worden, da man dies als unfreundlich gegenüber dem kleinen Kunden verstand. Selecta begründete hingegen, dass es sich ökonomisch nicht rechne, sich mit einem aufwändigen Messestand zu präsentieren.
Diese Herbst-Neuerscheinung fehlt auf den Essener Spieletagen: Pyjamaparty
So gesehen, hat sich der Ausstieg aus dem Brettspielgeschäft schon 2009 angedeutet. Selecta war immer ein besonderer Spieleanbieter, der auf sehr hohe Materialqualität der aus eigener bayerischer Fertigung stammenden Produkte achtet. Damit konnte man sich aber nie richtig auf dem Markt durchsetzen. Die Brettspiele schwammen nur so mit in der großen Holzspielzeug-Palette, die Selecta weiterhin anbieten wird.
In der Branche geht man davon aus, dass die Auflagen der Selecta-Spiele nie sehr hoch waren – auch in dem Vergleich zu den Wettbewerbern. An der spielerischen Qualität kann es nicht gelegen haben. Im letzten Jahrgang veröffentlichte der Verlag vier Spiele, von denen sich 50 Prozent als herausragend entpuppten – Grimaffen und Pappsatt schafften es auf die Empfehlungsliste Kinderspiel des Jahres. In den letzten Jahren konnte wohl kein Verlag eine höhere Trefferquote verbuchen als Selecta, die mit einer hervorragenden Redaktionsarbeit glänzten. Nur leider konnte oder wollte der Selecta-Vertrieb damit nicht mithalten. Die Brettspiele sind Anhängsel der pädagogisch hochwertigen Holzspielzeugpalette und werden weitgehend auch nur über entsprechende Läden verkauft. Die Masse erreicht man damit nicht – was aber wohl auch nicht zum Selbstverständnis des Edlinger Verlags gehört.
So ist es gar nicht überraschend, dass in einem Jahr, in denen die Brettspielbranche erstmals zurückgehende Umsätze meldet, das Aus für die Selecta-Spiele verkündet wird. „Wir sehen hier für unsere qualitativ sehr hochwertigen Kinderspiele, die von Premium-Qualität ,Made in Bayern‘ ausgeht, mittelfristig keine Besserung“, klagt Vorstand Matthias Menzel. Erstaunlich ist, dass er im gleichen Atemzug verkündet, im Kerngeschäft Holzspielzeug zu expandieren. Hier scheint Qualität gefragt zu sein. Selectas These, dass es bei den Kinder-Brettspielen eine gegenläufige Tendenz gebe, ist schwer nachvollziehbar.

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