Sonntag, 8. März 2015

Das Spiel beginnt! Museale Retro-Show im ZDF

Das Spiel beginnt! zur besten Sendezeit am Samstagabend: Das hätte eine großartige Werbung für das moderne Brettspiel werden können. Doch leider ist das Gegenteil der Fall. Das ZDF hat es mit einer unterirdischen Spieleauswahl geschafft, dass man sich um den Ruf des deutschsprachigen Brettspiels ernsthafte Sorgen machen muss.
Start war mit Spitz pass auf! Der Titel ist 75 Jahre alt, den hat man quasi aus dem Museum rausgeholt. Selbst wenn man das Ziel hatte, eine Sendung im Siebziger-Retro-Style zu machen, wäre das ein Fehlgriff gewesen. Oder gab es in den Siebzigern wirklich keine besseren und aktuelleren Spiele? Genauso museal endete die Sendung. Hüpf mein Hütchen ist in den frühen fünfziger Jahren erstmals bei Schmidt erschienen.
Auch ich wurde von der fürs ZDF arbeitenden Castingagentur gebeten, Kinder auf die Sendung aufmerksam zu machen, die an meinen Spielerunden teilnehmen. Ich hatte deshalb durchaus die Hoffnung, es würde wenigstens in Ansätzen um die Art von Spielen gehen, und die es mir geht. Später tauchte tatsächlich das Gerücht auf, das aktuelle Spiele des Jahres – Camel Cup – würde sich in der Sendung präsentieren können. Riesig groß, mit tollen Lichteffekten, vor großem Publikum.
Doch daraus wurde nichts. Stattdessen gab es Mikado, 4 gewinnt und Memory, was sicherlich keine schlechten Spiele sind. Aber es gibt eben auch genug ähnliche Spiele, die jünger, frischer und überraschender sind. Rush Hour vielleicht? Sicher nicht. Was hat ein Ein-Personen-Spiel in solch einem Wettbewerb verloren?
Trivial Pursuit war einer der jüngeren Titel, dieses US-Spiel ist seit 30 Jahren auf dem deutschen Markt. Leider wirkt das Brettspiel aber eh wie die Umsetzung einer TV-Gameshow, so dass die Rückübersetzung ins Fernsehen zum Ergebnis hatte, dass man sich in einer x-beliebigen Ratesendung wähnte.
Welche Spiele waren gut und machten Werbung für das weltweit beachtete Kulturgut „German Style Game“? Bumm Bumm Ballon, erschienen 2012, war das jüngste Spiel. Einen Autor, unerlässliches Merkmals eines deutschsprachigen Qualitätsspiels, hat es nicht. Und ihm ging in der Sendung buchstäblich die Luft aus. Richtig toll ist hingegen Looping Louie, 1994 mit einem Sonderpreis der Spiel-des-Jahres-Jury ausgezeichnet, obwohl es sehr amerikanisch ist. Längst gilt es als Kultspiel, insbesondere auch für Erwachsene.
Am Ende hielten eigentlich nur zwei Titel die Fahne des deutschsprachigen Autorenspiels hoch, auch wenn die jeweiligen Erfinder des Spiels – Andrew und Jack Lawson (USA) und Haim Shafir (Israel) – gar nicht aus Deutschland kommen: Ravensburgers Make ’n’ Break (von 2004) und Amigos Halli Galli (1990). Zwei erstklassige Spiele. Aber das reißt es nicht raus.


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