Montag, 10. Juni 2013

Feder oder Magnet, Holz oder Plastik

Der verzauberte Turm ist das Kinderspiel des Jahres 2013
Manchmal ist es gut, wenn sich ein Verlag von alten Prinzipien abwendet, falls dies der spielerischen Sache dient. Amerikanisch inspirierte Kinderspiele setzen auf viel Kunststoff, und an jeder Ecke hüpft, springt oder trötet es. Drei Magier Spiele sind das Gegenteil. Hier findet sich viel Holz, etwas Metall, und solide Pappe. Als „Gimmick“ ist eigentlich nur ein Effekt erlaubt: der Magnetismus. Man glaubt, dass dieses unsichtbare physikalische Phänomen von der anspruchsvolle Elternzielgruppe akzeptiert wird, die natürlich anmutendes Holzspielzeug bevorzugt.
Bei Der verzauberte Turm sind die Drei Magier Spiele, die seit fünf Jahren zum Schmidt-Verlag gehören, von ihren Materialpräferenzen abgewichen. Hier springt die Prinzessin mittels einer Feder aus dem Schlossturm. Damit dies technisch reibungslos funktioniert, sind sowohl der Turm als auch die Figur aus Plastik.
Das war keine Idee des Autorenpaares Brand und Brand (Foto oben), die sich in ihrem Entwurf an die alte Drei-Magier-Tradition gehalten hatten. Bei ihnen sei die Ursprungs-Prinzessin noch durch gegenpolige Magneten rausgehüpft, erzählte Markus Brandt am Rande der Preisverleihung. Das sei aber in der Herstellung sehr kompliziert gewesen, weshalb die Drei-Magier-Redakteurin einen Kunststoffturm vorschlug.
Besonders schön sieht das nicht aus. Denn der Kontrast zwischen der Plastikprinzessin und dem Holzprinzen sowie dem Holzzauberer (die beide einen magnetische Fuß besitzen) ist auffällig. Der spielerischen Qualität tut das aber keinen Abbruch. Und das ist entscheidend.
Der verzauberte Turm kann sich mit gutem Grund als das beste Kinderspiel des aktuellen Jahrgangs feiern lassen. Die Suche von Prinz und Zauberer nach dem Schlüssel ist ein fesselndes Wettrennen. Dabei wird kein zufälliges Versteck gesucht, sondern ein vom Mitspieler bewusst ausgewähltes. Das ist ein schönes Spielelement, bei dem eine besondere Interaktion entsteht. Und wenn der Schlüssel gefunden ist, muss er auch noch passen (dass man mit Hilfe einer Lupe erkennen könnte, wo das passende Schlüsselloch ist, wird bei der nächsten Auflage vermutlich beseitigt).
Im Prinzip ist Der verzauberte Turm nur ein Zwei-Personen-Spiel. Doch dieser vermeintliche Nachteil kann auch ein Vorteil sein. Kinderspiele werden in Privathaushalten sicherlich häufiger zu zweit (meistens ein Elternteil mit einem Kind) gespielt als zu viert. Da ist es besser, wenn ein Spiel in dieser Konstellation seine ganze Klasse ausspielen kann – und nicht erst in große Runde für den ganzen Spaß sorgt. Die Entwicklung einer echten Mehr-Spieler-Variante, bei der alle eine eigene Figur besitzen, wäre eine lohnende Herausforderung für die Erweiterungen, die für jedes Spiel des Jahres anstehenden.
Der verzauberte Turm richtet sich an die Kernzielgruppe des Kinderspiels. Das sind alle die, die über das pure regelgeleitete Tun auch erste spielerisch-taktische Entscheidungen treffen können. Zwar sind viele Fünfjährige zunächst noch davon überfordert, sich auf den wuselig wirkenden Wegen dieses bildschön gezeichneten Spiels zurechtzufinden. Aber sie haben die Chance, in den Ablauf „hineinzuwachsen“. Was dann letztlich für lang anhaltenden Spaß sorgt.
Foto: Spiel des Jahres e.V.
Der verzauberte Turm >>

1 Kommentar:

  1. Super Brettspiel. Ich habe es es letzten Monat meiner kleinen Enkelin zum Geburtstag gekauft und "darf" es jedes mal bei einem Besuch spielen :). Wirklich zu empfehlen!

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